Gegen das Vergessen

„Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.“ – So die Mahnung von Winston Churchill und sie ist aktueller denn je.
Das ist auch der Hintergrund der Veranstaltungsreihe zur Demokratieerziehung, die regelmäßig an der Ulsterbergschule in Räsa in der Jahrgangsstufe 10 durchgeführt wird. Sie besteht aus zwei bis drei Modulen, die kombinierbar sind und sich thematisch mit Erinnerungskultur und Demokratieerziehung auseinandersetzen.

In diesem Jahr führte das erste Modul die Schüler gemeinsam mit den beiden Lehrerinnen Traudel Rüger und Gabi Hörschelmann nach Berlin in den Bundesrat im preußischen Herrenhaus. Nach einem Gebäuderundgang mit Besichtigung des eindrucksvollen Plenarsaals: ein interaktives Rollenspiel am authentischen Ort. In einer Plenarsitzung des Bundesrats schlüpften die Schüler in die Rollen von Abgeordneten, die einen Gesetzentwurf im sogenannten ersten Durchgang berieten. Jeder Schüler vertrat eines der 16 Bundesländer. Gemeinsam mit den Landeskollegen wurde beraten, für seine eigene Meinung gestritten und dann schließlich am Rednerpult durch eindringliche Argumentation der Versuch unternommen, die anderen Länder zu überzeugen. Die Schüler schlüpften in die Rolle des Bundesratspräsidenten, der Landwirtschaftsministers, des Umweltministers oder in die Rolle der Ministerpräsidenten der Länder. Der Gesetzentwurf thematisierte die Zulassung genmanipulierter Lebensmittel und die Debatte, die um Für und Wider entbrannte, ließ erahnen, wie schwierig und umfassend es ist, ein Gesetz in einem demokratischen System zur Verabschiedung zu bringen.

Die zweite Station an diesem Tag: die Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße. Sie ist der zentrale Erinnerungsort an die deutsche Teilung, gelegen im Zentrum der Hauptstadt und vermittelt einen Eindruck vom Aufbau der Grenzanlagen zum Ende der 1980er Jahre. Anhand der Reste und Spuren der Grenzsperren sowie der dramatischen Ereignisse an diesem Ort wird exemplarisch die Geschichte der Teilung Berlins nachvollziehbar.
Das zweite Modul, der Veranstaltungsreihe ist der Besuch der Gedenkstätte Buchenwald, immer wieder unter der Fragestellung: Wie nähert man sich einem Ort wie dem Konzentrationslager Buchenwald, wie macht man jungen Menschen deutlich, was dort passiert ist? Nichts hat mich je so erschüttert, wie dieser Anblick…so die Worte von General Dwight D. Eisenhower am 12.April 1945 bei der Besichtigung eines Außenlagers des KZ Buchenwaldes. Erschüttert waren auch die Jugendlichen als sie in diesem geschichtsträchtigen Jahr gemeinsam mit ihrer Klassenleiterinnen Traudl Rüger und Elke Ernst an einem ganztägigen Bildungsangebot der Gedenkstätte Buchenwald teilnahmen. Fernab vom klassischen Gästeführerrundgang durch die Gedenkstätte haben sich die Schüler unter Anleitung zweier Gedenkstättenpädagoginnen diesen Ort step by step interaktiv und selbständig erarbeitet. So hatten die Schüler Gelegenheit, sich aktiv und selbstgesteuert Wissen über diesen Ort anzueignen, studierten Quellen, Zeitzeugenberichte, Fotos, Biografien von Lagerinsassen, oder die Orte – Ordner und erarbeiteten sich diesen Ort Schritt für Schritt. Und wurden an diesem 26.02. auch Zeuge des Geschehens um das Hausverbot gegen den Thüringer AfD Abgeordneten Höcke, der Aufgrund seiner Äußerung zum Holocaustdenkmal vom Akt des Gedenkens am darauf folgenden Tag ausgeschlossen wurde. Geschichte authentisch erlebt.

Es sei bemerkt, dass vor drei Jahren noch ein drittes Modul die Veranstaltungsreihe ergänzte: das Zeitzeugenprojekt des Thüringer Landtages zum Holocaust Gedenktag. Leider lassen Alter und Gesundheitszustand der letzten Überlebenden des Holocaust solche Veranstaltungen nur noch selten zu. Sehr bedauerlich, da gerade diese Zeitzeugenprojekte einen tiefen Eindruck bei den Schülern hinterließen.
Übrigens werden alle diese Veranstaltungen gefördert und sind für die Schüler nahezu kostenfrei. Die Buchenwaldworkshops werden zusätzlich vom Förderverein der Schule finanziell unterstützt.
Frank Walter Steinmeier, unser neuer Bundespräsident, ist der Überzeugung, dass man sich in direkter Kommunikation an die Jugend wenden müsse. „Ich bin fest überzeugt, dass wir die Jüngeren stärker in den Blick nehmen und von den Vorzügen, aber auch von den Gefährdungen der Demokratie überzeugen müssen.”